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04/07/2012

Plattentests [Ger]: "Echoes And Rhymes" review



 

Best before

Im Pop-Bewusstsein gelten The Primitives als klassisches One-Hit-Wonder. 1988 veröffentlichten sie das unsterbliche "Crash". Der Song drängelte sich mit süßer Melodie und jangelnden Gitarren zwischen die damals vorherrschenden Unsitten Goth und Pop und wurde eine der Blaupausen für den späteren Aufstieg des Britpop. Der Song war so toll, dass er später sogar unbeschadet überstand, von Busted-Sänger Matt Willis und No-Angels-Sandy gecovert zu werden. Wenn sich Mark Hollis von Talk Talk als Fan outet und sogar Morrissey in einem Primitives-T-Shirt abgelichtet wird, muss das eben ewigen Ruhm bedeuten. Alles wegen "Crash".

Die Welt nahm allerdings von den zwei weiteren Alben, die The Primitives bis zu ihrer Auflösung 1991 aufnahmen, weniger Notiz. 2009 brachte der Tod des Bassisten Steve Dullaghan die verbliebenen Mitglieder um Tracy Tracy wieder zusammen. Und so konnten sich manch eingeweihte Freunde des gepflegten Gitarren-Pops im letzten Jahr über die EP "Never kill a secret" freuen. Dass jetzt mit "Echos & rhymes" ein komplettes Album vorliegt, ist ein weiterer Grund zum Grinsen. Und weil man nach 20 Jahren nicht vermutet hätte, überhaupt noch einmal etwas von The Primitives zu hören, nimmt man es ihnen nicht krumm, dass das Album zur unverhofften Reunion aus 14 Coverversionen besteht.

Es gibt sogar ein Konzept: Die Band wollte sich um möglichst obskure Titel aus den Sechzigern kümmern, die von Frauen gesungen wurden. Obwohl die Mischung aus Garagenrock, Psychedelia und Northern Soul bisweilen befremdlich wirken mag, steht sofort der Charme der Primitives im Mittelpunkt. Das Cover verbreitet wunderbare Nostalgie und bezirzt mit Tracys Augenaufschlag. Gleich der Opener schrabbt und twangt munter los und kümmert sich einen Dreck darum, wie Indierock heutzutage eigentlich zu klingen hätte. Hätte, hätte, Fahrradkette. Denn Tracys süßlicher Gesang liegt über erdigem Scheppern genauso elegant wie über Sitar-angereichtem Groove in rustikalem Ping-Pong-Stereo. Vor dem geistigen Auge sieht man Pril-Blumen und Lavalampen Ringelreihen durchs Neonlicht der Achtziger tanzen. Die Inspirationen passten schon damals herrlich nicht zusammen.

Also ist natürlich auch die Liste der gecoverten Künstler für Entdecker spannend: Polly Niles, Bonnie St Claire oder LeGrand Mellon dürften eigentlich nur noch Eingeweihten etwas sagen. Reparata & The Delrons findet man wenigstens noch in der Wikipedia. "Time slips away" ist ein vergessener Song von Shocking Blue, "Till you say you'll be mine" stammt hingegen aus der Feder von Jackie DeShannon und wurde 1966 von der noch unbekannten Olivia Newton John in einer Garage eingesungen. Nico, deren schleppendes "I'm not sayin'" hier mit Paul Courts Stimme Belle-&-Sebastian-Anflüge verbreitet, kennt man als deutschen Export natürlich. Die nahezu verdrängte, psychedelische Frühphase des späteren Schlagerduos Adam & Eve hielt jedoch den beeindruckend lärmenden Halloween-Soundtrack "The witch" bereit, und der Song dengelt und schmirgelt auch auf "Echos & rhymes" prächtig. Diese Songs sind mit den Primitives völlig aus der Zeit gefallen. Die dabei entstandenen Schrammen und Beulen stehen ihnen aber hervorragend.

(Oliver Ding)


 


 

 

 

 

 

 

 

 

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