The Catenary Wires
Konzerttagebuch [Gr]: Axolotes Mexicanos, The Catenary Wires & Los Bonsáis, Madrid, 18.04.15 [Crónica]
Konzert: Axolotes Mexicanos, The Catenary Wires & Los Bonsáis
Ort: Sala Siroco, Madrid (Elefant Club)
Datum: 18.04.2015
Dauer: Axolotes Mexicanos 30 min, The Catenary Wires 37 min, Los Bonsáis 38 min
Zuschauer: 150 vielleicht (voll)
Juli 2014
Im letzten Sommer saßen wir auf der Wiese des Indietracks Festivals in England und warteten auf eine Band, auf die wir uns schon sehr freuten - The Royal Landscaping Society aus Spanien. Weil wir eine Ecke früher als geplant waren, erlebten wir vorher aber schon eine andere spanische Gruppe, die uns vollkommen begeisterte. Axolotes Mexicanos spielten eine Art Twee-Punk und waren phänomenal unterhaltsam.
Oktober 2014
Als Luna ihre Comeback-Tour 10 Jahre nach dem Split ankündigten und die in Spanien stattfinden sollte, brauchte es ein paar mails und Anrufe und die Verabredung für ein paar Tage Madrid war fix. Und da es ein paar Tage sein sollten, fände sich ja sicher noch ein anderes Konzert in der spanischen Hauptstadt. Aber da war nichts - nicht weiter schlimm.
Juli 2014
Auf der Wiese des Indietracks fiel mir ein (ich las gerade wieder mal seine Biographie Black Postcards), daß ich Dean Wareham, der beim Indietracks, aber ein paar Tage später auch im Gebäude 9 in Köln spielen würde, die Single Fred vom Jupiter von Andreas Dorau schenken könnte. Er hatte ein Kapitel seines Buchs nach dem Song benannt, nachdem er ihn mit Freunden begeistert irgendwann in New York gehört hatte. Zwischen den spanischen Bands ersteigerte ich eine Dorau-Single und schenkte sie in Köln dem Luna- und Galaxie 500-Frontmann.
Februar 2015
Im Februar bestellte ich mir die neue EP von Axolotes Mexicanos bei deren spanischen Label Elefant Records. Weil auch die sehr gut klingenden Los Bonsais eine neue EP hatten, bestellte ich die gleich blind mit.
März 2015
Was für Spielsüchtige der Gang zum Daddelautomaten, ist für mich das Öffnen von lastfm. Ein erneuter Blick auf die Seite präsentierte plötzlich doch ein Konzert für Madrid für unseren Anreisetag. Mit Axolotes Mexicanos und Los Bonsais. In unmittelbarer Nähe unseres Apartments, das durch puren Zufall direkt an die Calle de la Luna grenzt. Und an das Theater, in dem Luna spielen.
April 2015
Als Axolotes Mexicanos ihren Auftritt vorbereiteten, legte der tolle Indiepop DJ Fred vom Jupiter auf.
Is so!
Aber nicht nur wegen des Traums aller Fraun war der Abend im Sala Siroco erinnerungswürdig!
Er begann mit Los Bonsáis, die dieses Jahr beim Indietracks spielen werden. Los Bonsáis sind Gitarristin Helena Toraño und Bassist Nel González. Für ihr Konzert hatten sie einen zweiten Gitarristen (Mario) und einen Schlagzeuger dabei. Die Band bezeichnet ihre Musik als Noisepop und das traf es gut. Die beiden Gitarren und vor allem das Schlagzeug machten ordentlich Krach und gaben dem popigen Gesang von Helena den richtigen Pfiff. Mir gefiel das ausgezeichnet! Die besten Stücke sind aber die, bei denen auch Nel mitsingt. Der bärtige Bassist hat eine tiefe Stimme, die billant zu der seiner Partnerin passt. Er war ein wenig leise, ansonsten war das Konzert wundervoll!
Die ersten Stücke stammten allesamt von der neuen EPNordeste. EP ist vielleicht nicht richtig, die Platte enthält zehn Lieder - auf 10". Vor Nordeste hatte die Band aus Gijon eine anderes Minialbum veröffentlicht, das ich bisher nicht kannte, und von dem viele der nachfolgenden Lieder stammten. Ach, und wie gut das alles war!
Komplettiert wurde der kompakte Auftritt (16 Lieder in 38 min!) von einem labelinternen Cover, Los genios von Aventuras de Kirlian, und einem Lied, dessen Melodie ich kannte, mit dem ich aber erst nichts anfangen konnte. Aber Helena hatte irgendwo zwischen den spanischen Ansagen "Television Personalities"eingebaut. Leider verstehe ich gesprochenes Spanisch gar nicht, das typisch schnell gesprochene Spanisch erst recht nicht. Aber die "la la la" Phase machte es klar: das Stück war eine übersetzte Version von Part time punks der TV Personalities und es war toll wie die eigenen Sachen!
Ein wundervolles Konzert war das! Wie schön, Los Bonsáis im Sommer noch einmal sehen zu können!
Setlist Los Bonsáis, Sala Sciroco, Madrid:
01: Nordeste
02: Temporal
03: Vacaciones permanentes
04: Como si nada
05: Martin Pescador
06: Himno latino
07: La mecedora
08: Medio tiempo
09: Los genios (Aventuras de Kirlian Cover)
10: Después de todo...
11: Plan B
12: Part time punks (Television Personalities Cover auf Spanisch!)
13: Los perdimos de vista
14: Ultramarinos
15: Serin
16: Nubes y claros
Als zweite Band traten nicht Axolotes Mexicanos sondern The Catenary Wires auf. Hinter diesem Namen verbergen sichAmelia Fletcher und Rob Pursey, die bereits in Heavenly,Talulah Gosh, Marine Research oder Tender Trapgemeinsam gespielt haben. Amelias Ansage "we are slower and quieter than before" bezog sich zwar auf die Bonsáis vorher, beschrieb aber auch ein wenig die Musik der neuen Band. Das Debüt-Album erscheint am 01.06.15 auf Elefant Records, daher kannte ich vorher nichts außer den beiden Liedern, die digital veröffentlicht wurden.
Die Stücke der beiden sind sehr ruhig und leben vor allem von den tollen Stimmen des Paars. Oft singen sie abwechselnd, bei Intravenous aber synchron. Aber nicht nur deshalb gefiel mir der Titel am besten. Daß die beiden vor allem Musiker sind, auch wenn sich Amelia als VWL-Professorin nebenberuflich ganz anders betätigt, merkt man solchen Textstellen wie "the answer lays in the records we never play" an.
Amelia stand, Rob saß. Sie sang und spielte ab und zu Melodica, er spielte Gitarre. Das Konzert der beiden war etwa gleich lang wie das der ersten Band. "Slower and quieter" bedeutete neun statt 16 Lieder. Aber da (wohl) nur ein Stück nicht vom Debütalbum stammte und die beiden als Catenary Wires vermutlich nicht über mehr verfügen, passte es zeitlich in den "40 min pro Band" Rahmen.
Das eine Stück, das Amelia als älter vorstellte ("wahrscheinlich kennt ihr es gar nicht"), war Shallow von Heavenly. Natürlich war die Ansage Koketterie. Das Publikum hatte einen Twee-Pop-Hintergrund.
Der Auftritt der beiden, die mit ihren beiden Kindern in Madrid waren, war sehr schön. Auch The Catenary Wires werde ich im Sommer beim Indietracks wiedersehen!
Setlist The Catenary Wires, Sala Sciroco, Madrid:
01: The records we never play
02: Too late I love you
03: Intravenous
04: When you walk away
05: Throw another love song
06: You save me from myself
07: Like a fool
08: Shallow (Heavenly)
09: A different scene
Und dann wurde es wild...
Nach und nach strömten immer mehr Menschen nach vorne.Axolotes Mexicanos waren wohl doch nicht zufällig als letzte Band angesetzt worden, sie waren das Zugpferd der Veranstaltung. Vorher hatten die drei Musiker (Sängerin Olaya, Gitarrist Juan und Bassist Stephen) mit Freunden neben uns gestanden. Stephen ist mittlerweile erblondet, Olaya hat keine roten Haare mehr und Juan scheint ihr Bruder zu sein.
Meine Bedenken vorher waren, ob ich gleichviel Spaß wie im letzten Sommer haben könnte. Ein guter Teil dieses Spaßes kam vom Wechselspiel zwischen Olaya und Stephen. Die Sängerin machte lange Ansagen in ihrer Muttersprache, die zu großem Gelächter der Spanier führten. Danach übersetzte Stephen und die Engländern gröhlten vor Lachen. Die Erklärungen, wovon die Stücke handeln, waren phänomenal komisch! Noch besser waren aber Olayas Aussagen, wie schlecht sie doch Keyboard spiele. Es war allerbeste Unterhaltung! In Madrid würde die Band die Ansagen nicht übersetzen, das würde dem Konzert also schon einmal fehlen.
Als sie eine gute halbe später fertig waren, hatten wir ein verrücktes Konzert gesehen, bei dem ich zwar nichts von dem verstanden habe, was neben der Musik passierte, mich aber nicht weniger als im letzten Jahr amüsiert hatte. Axolotes Mexicanos spielten vielleicht fünf, sechs Lieder, einige klappten nicht, andere brachen sie ab, weil das Notebook, das Keyboard und Schlagzeug ersetzte rumzickte. Das war aber alles undramatisch (und gehört zum DIY-Charme). Das Mitschreien der Texte von allen (bis auf mich leider), der große Spaß beim Publikum und der Band hätte das Konzert auch mit nur einem beendeten Lied zu einem irre tollen gemacht!
In der irrsten Phase warf sich Olaya ins Publikum und crowdsurfte. Juan gab irgendwem die Gitarre und sprang auch. Der Gitarrenhalter stieg nach oben und tat so, als spiele jetzt er. Danach kamen ein paar andere Freunde auf die Bühne und tanzten mit. Und weil Olaya nicht immer singen konnte, gröhlte eben das Publikum. Axolotes Mexicanos haben offenbar eine sehr treue und feierstarke Fanbasis in Madrid.
Die meisten der Lieder stammten von der aktuellen EP. Gut waren sie alle! Auch wenn Olaya keinen Ton auf dem Keyboard vor ihr gespielt hatte und der Drumcomputer sich so doof angestellt hatte.
Meine Sorgen, daß es unter keinen Umständen noch einmal so viel Spaß machen könnte, die Band zu sehen, waren großer Unsinn! Ich habe weder die Ansagen noch das Konzert richtig verstanden, habe mich aber prächtig amüsiert. Welch eine Knüllerband!
Setlist Axolotes Mexicanos, Sala Siroco, Madrid:
01: Me da igual
02: Aborto
03: Perro salchicha
04: Te miro mientras duermes
05: El basuero
06: Interestelar
07: Disparo de amor